Bahnhöfe [2]

[59] Bahnhöfe. – Die schon im vorigen Jahrhundert angebahnten und in den letzten fünfzehn Jahren deutlicher zur Entwicklung gekommenen Fortschritte im Bau der deutschen Bahnhofanlagen beziehen sich einesteils auf die möglichst glatte Abwicklung des Personen- und Gepäckverkehrs, andernteils auf die Erhöhung der betrieblichen Leistungsfähigkeit. In ersterer Hinsicht kann man die, in einigen Hauptpunkten bereits 1888 (Zentralbl. d. Bauverw. 1888, S. 350 ff.) von Grüttefien aufgestellten Forderungen jetzt etwa folgendermaßen gliedern:

a) Möglichste Vermeidung von Gleiskreuzungen durch Reifende, Gepäck und Postsachen. (Auf kleineren Bahnhöfen überwiegt indessen nach wie vor die Anordnung mit einem Zwischenbahnsteig, der mittels Gleisüberschreitens zugänglich ist.)

b) Tunliche Kürze, Bequemlichkeit und Uebersichtlichkeit der Wege für die Reifenden.

c) Trennung der Wege für Zu- und Abgang, für Reifende und Gepäck, insbesondere auf größeren Bahnhöfen.

d) Anlage besonderer Wege für den Nahverkehr.

e) Rücksicht auf zweckmäßige Durchführung der Bahnsteigsperre.

In betrieblicher Hinsicht wird angestrebt, die Wege der Züge in die Bahnhöfe hinein und aus den Bahnhöfen heraus möglichst unabhängig voneinander verlaufen zu lassen, zur Erhöhung sowohl der Betriebssicherheit wie der Leistungsfähigkeit. So ist in Deutschland mehr und mehr der Grundsatz zur Herrschaft gelangt, daß man, abgesehen von den für Kreuzungen, Ueberholungen und Uebergänge von Zügen zu treffenden Einrichtungen und unbeschadet der aus wirtschaftlichen Gründen namentlich bei Nebenbahnen gebotenen Ausnahmen in der Regel jede zu einem Bahnhof hinführende, dem Personenverkehr dienende Bahn mit ihren sämtlichen (meist zwei oder eines) Hauptgleisen selbständig in den Personenbahnhof einführt und jedes dieser Hauptgleise mit einer Bahnsteigkante ausrüstet. Um Verkehrsstauungen innerhalb der Bahnhöfe zu vermeiden, fügt man zu den »durchgehenden Hauptgleisen« weitere Hauptgleise für Ueberholungen, Kreuzungen und Zugübergänge von Bahn zu Bahn sowie für das Endigen und Entspringen von Personenzügen hinzu und weist im Bahnhof auch den Güterzügen besondere Wege an, oder man führt sie auf Güterumlaufgleisen außen an dem Personenbahnhof vorbei. Zur möglichsten Vermeidung von Kreuzungen der Zugwege bei allen diesen Maßnahmen ist die Reihenfolge, in der mehrere Bahnlinien oder ihre einzelnen Gleise oder Gleisverzweigungen eingeführt und an Bahnsteigkanten gelegt werden, von wesentlicher Bedeutung, wobei aber auch Verkehrsrücksichten mitspielen. Immer mehr Beachtung hat ferner, wenn auch bisher mehr in der Lehre als in der Ausführung, die Rücksicht gefunden, die Kreuzungen von Zugwegen durch Verschiebefahrten einzuschränken. Hierfür ist wesentlich die Lage und der Anschluß besonderer Bahnhofteile, wie der Abstellanlagen, der Anlagen für Eilgut und Post sowie des bei großen Anlagen in der Regel ganz gesondert liegenden Verschiebebahnhofs und des Ortsgüterbahnhofs. Wichtig ist aber auch die bisher meist versäumte Anlage von Durchlaufgleisen (Dienstgleisen)[59] innerhalb eines größeren Personenbahnhofs. Wenn alle diese Bestrebungen hauptsächlich bei großen Bahnhöfen hervorgetreten sind, so sind doch auch für kleine und mittlere Bahnhöfe die Anschauungen über das, was zweckmäßig ist, unter der Einwirkung der gewachsenen betrieblichen Anforderungen gegen früher geändert.

Im folgenden werden daher zunächst die kleinen und mittleren Bahnhöfe, dann nacheinander die größeren Bahnhöfe in Durchgangs- und in Kopfform besprochen.1

A. Kleine und mittlere Bahnhöfe in Durchgangsform.

Die an kleine und mittlere Bahnhöfe in Durchgangsform jetzt zu Heilenden Anforderungen sollen an einem Beispiel solchen Bahnhofs erörtert werden, in dem deshalb die nur in Einzelfällen vorkommende Anordnung von Ueberholungsgleisen für Personenzüge mit zu behandeln ist. In dieser Beziehung sei vorausgeschickt, daß man solche Ueberholungsgleise regelmäßig nicht nach dem Linienbetrieb (mit Spaltungskreuzungen bei ihren Abzweigungen) ausführen wird (Fig. 1 und 2), sondern nach dem Richtungsbetrieb, mit Inselbahnsteigen zwischen den in gleicher Richtung befahrenen Gleisen (Fig. 3). Denn hierbei wird nicht nur jede Kreuzung von Zugwegen vermieden; das Umsteigen zwischen den zu beiden Seiten desselben Bahnsteigs haltenden beiden Zügen (Schnell- und Personenzug) geschieht ohne Treppensteigen und mit geringstem Zeitaufwand. Auch fahren die Züge derselben Richtung stets von demselben Bahnsteig ab, was Irrtümern der Reifenden vorbeugt. Im Gegensatz dazu weisen die beiden Anordnungen nach Fig. 1 und 2 nicht nur zwei entbehrliche Spaltungskreuzungen auf, sie gestatten auch das Umsteigen zwischen Schnell- und Personenzug nur mittels Treppauf-, Treppabkletterns, und sie geben auch zu Irrtümern der Reifenden Veranlassung, namentlich, wenn von der Fahrordnung ausnahmsweise abgewichen wird. Die an einen Bahnhof in Durchgangsform zu Heilenden Anforderungen seien nun an dem Beispiel (Fig. 4) besprochen. Dieses stellt einen Bahnhof mit Güterverkehr auf der Gegenseite dar. Für Bahnhöfe mit Güterverkehr auf der Ortsseite gelten dieselben Anordnungen mit sinngemäßen Aenderungen.[60]

1. Die Personenzugüberholungsgleise. Diese sind nach dem Gleisbild der Fig. 3 angeordnet.

2. Die Bahnsteiganordnung. Zu den beiden Inselbahnsteigen gelangen die Reifenden durch Tunnel (über Brücke) mit anschließenden Treppen. Da Gepäckbahnsteige bei dem Umfang des Bahnhofes nicht vorauszusetzen sind, münden die Gepäckaufzüge in die Personensteige. Der Gepäcktunnel (die Gepäckbrücke) ist daher so zu führen, daß die beiden Aufzüge weit genug von den Bahnsteigtreppen abrücken, um den Austritt aus diesen nicht zu behindern.

3. Die Güterzugüberholungsgleise (Hauptgütergleise). Die übliche einseitige Anordnung der beiden Hauptgütergleise an derjenigen Bahnhofseite, an der der Ortsgüterbahnhof liegt (s. Bd. 1, S. 477, Fig. 1), erleichtert das Ein- und Aussetzen von Wagen, hat aber den Nachteil, daß an beiden Bahnhof enden je eine Spaltungskreuzung erforderlich ist. Ordnet man die beiden Hauptgütergleise nach dem Richtungsbetrieb beiderseits außerhalb der Personengleise an, so muß man bei allen Verschubbewegungen, die zwischen dem Ortsgüterbahnhof und dem von ihm abgelegenen Hauptgütergleis auszuführen sind, die Hauptpersonengleise kreuzen. Gleichwohl ist neuerdings von Schroeder (Ztg. d. V.D. E.-V. 1918, S. 590) als geboten bezeichnet, auf allen verkehrsreichen zweigleisigen Hauptbahnen des Fernverkehrs solche Anordnung dem Gleisplan zugrunde zu legen. Auch hat Heinrich ([6], S. 183) die einseitige Anlage zweier Ueberholungsgleise als schweren Fehler bezeichnet. Die tatsächliche Praxis ist im allgemeinen nicht so weit gegangen. Auf Bahnen mit starkem Schnellzug- und Ferngüterzugverkehr hat man in geeigneten Abständen beiderseitige Ueberholungsgleise, lediglich zur Ueberholung der Ferngüterzüge durch Schnellzüge, angelegt. Im übrigen hat man auf solchen Bahnhöfen, wo ein erheblicher Teil der Züge keine Wagen abzusetzen und mitzunehmen hat, zu den beiden auf der Seite des Ortsgüterbahnhofs angeordneten Hauptgütergleisen ein drittes auf der gegenüberliegenden Seite hinzugefügt, das diejenigen Züge, die sonst nach links hinüber kreuzen müßten, nach rechts ohne Kreuzung abzweigend, befahren können. Dadurch wird nicht nur für alle Fernzüge, sondern, wenn man die Beförderungsvorschriften entsprechend gestaltet, unter Umständen für die Mehrzahl der Güterzüge der betreffenden Richtung das betriebshemmende Hinüber- und Herüberkreuzen vermieden. In Fig. 4 ist außer den beiden Hauptgütergleisen 10, 11 Gleis 1 als solches drittes Hauptgütergleis vorgesehen. Die Anordnung solchen dritten Hauptgütergleises auf der Ortsseite setzt, sofern man das Gleis nicht in einer der beiden Streckenrichtungen bis jenseits der Bahnsteiganlage verschieben will, was betrieblich ungünstig ist, schienenfreien Zugang der Bahnsteige voraus, wie solcher in dem in Fig. 4 dargestellten Falle schon wegen der Personenzugüberholungsgleise notwendig und deshalb vorgesehen ist.

4. Hilfs- oder Notverbindungen (nicht spitzbefahren), in Fig. 4 die Weichenverbindungen 5–8 und 34–35, dienen folgenden Zwecken:

a) der Rückkehr eines bei Störungsbetrieb ausnahmsweise auf falschem Gleis ankommenden Zuges auf das richtige Gleis sowie, aber nur mittels Vorziehens und Zurückfetzens, also mit Gewähr gegen versehentliches Vorkommen, dem ausnahmsweisen Uebergang eines Zuges auf das falsche Gleis;

b) der Ausfahrt eines auf dem Bahnhof kehrenden Zuges unmittelbar von dem Bahnsteiggleis der Ankunft (dem falschen Gleise) aus;

c) Verschubbewegungen zwischen den beiden Hauptpersonengleisen sowie zwischen den beiderseits der Hauptpersonengleise befindlichen Gleisanlagen und den Hauptgleisen, so für Lokomotivwechsel, An- und Absetzen von Kurswagen, Verstärkungswagen, Eilgutwagen u.s.w.

5. Gleisverbindungen zur Vermeidung entbehrlicher Sägebewegungen beim Verschieben. In Fig. 4 gestattet die Verbindung 13, 14, 15 mittels einmaligen Vorziehens und Zurückfetzens von der Eilgutanlage und überhaupt den ortsseitigen Gleisen in die Weichenstraße der Gegenseite zu gelangen oder eine Bewegung im entgegengesetzten Sinne auszuführen.

6. Verbindung der beiden Weichenstraßen am linken und rechten Ende des Ortsgüterbahnhofs mit den Ausziehgleisen mittels besonderen Gleises (in Fig. 4 2–20 und 48–43), damit Ein- und Ausfahrten der Güterzüge und Verschubbewegungen unabhängig voneinander stattfinden können.

7. Anschluß möglichst aller Ladegleise und Aufstellgleise an eines der Ausziehgleise, das Hauptausziehgleis (in Fig. 4 Z2), um das Umfahren der verschiebenden Lokomotive um Verschubabteilungen herum möglichst entbehrlich zu machen.

8. Gleisschleife (in Fig. 4 2–9, 14–15) für unentbehrliche Umfahrbewegungen der Verschublokomotive, wie z.B. beim Umsetzen von Eilgut-, Verstärkungswagen u.s.w., von einem zum anderen Bahnhofende.

9. Abstellgleise für Bereitschaftspersonenwagen, bezw. Wartegleise für Verstärkungswagen, Eilgutwagen, Lokomotiven u.s.w. in auskömmlicher Anordnung und unter Vermeidung von Spitzweichen. Je nachdem Wagen vorn oder hinten einem Zuge beigegeben oder entnommen werden sollen, kommen von den in Fig. 4 dargestellten Gleisen dieser Art 3a, 4a und 7 b, 8b, bezw. 3b, 4b und 7 a, 8 a in Betracht. Wenn Verstärkungswagen regelmäßig auf dem Bahnhof enden und entspringen, so sind auf beiden Seiten solche Gleise, je nach Bedarf (vorn oder hinten) vorzusehen. Die in ein solches Gleis ausgesetzten Wagen werden behufs Wiedereinsetzens in einen in der Gegenrichtung fahrenden Zug rechtzeitig umgesetzt, wobei die Verschublokomotive unterwegs, in Fig. 4 z.B. unter Benutzung der Gleisschleife 2–9–14–15, umfahren muß.

10. Zweckmäßige Lösung fernerer Einzelheiten, wie Anschluß der Eilgutanlage, Gestaltung der Freiladegleise, Anordnung von Brückwage und Lademaß in durchgehendem Gleise, das bei Umsetzbewegungen zwischen Güteraufstellgleisen und Freiladegleisen befahren oder umfahren werden kann, gehen aus Fig. 4 ohne weitere Erläuterung hervor.

Dieselben Anforderungen der Einzeldurchbildung, wie für kleine und mittlere Bahnhöfe, sind mit sinngemäßen Aenderungen auch für größere Bahnhöfe maßgebend.[61]

B. Größere Personenbahnhöfe in Durchgangsform.

1. Gesamtanordnung der Bahnsteiggleise, Bahnsteige und Empfangsgebäude. Man kann ([2], S. 89 ff. und [4], S. 4) für große Bahnhöfe in Durchgangsform, d.h. für Bahnhöfe mit drei oder mehr Bahnsteiggleisen in etwa paralleler Lage, vier Hauptfälle der Gesamtanordnung unterscheiden: I. Bahnhöfe mit seitlich liegendem Empfangsgebäude (Fig. 5), II. Bahnhöfe mit seitlichem Vorgebäude, das die Abfertigungsräume enthält, und in der Mitte auf breitem Inselsteig liegendem Hauptgebäude, in dem sich die Wartesäle, Aborte u.s.w. sowie die Stationsdiensträume befinden (Fig. 6), III. Bahnhöfe, bei denen das ganze Empfangsgebäude und der Vorplatz in der Mitte der Bahnsteiggleisanlage liegt (Fig. 7 und 8), und IV. Bahnhöfe, bei denen das Empfangsgebäude sich quer unter oder über der Bahnsteiggleisanlage hinwegerstreckt (Fig. 9).

Die Formen III a (Fig. 7) und III b (Fig. 8) unterscheiden sich noch dadurch, daß bei ersterer das Mittelgebäude wie bei Form II in Höhe der Bahnsteiggleisanlage auf einem breiten Inselbahnsteig steht, so daß die Reifenden, die an den beiden Längskanten dieses (Haupt)-Bahnsteigs entlangstreichenden Gleise und etwaige von den Enden her in den Hauptbahnsteig einschneidende Stumpfgleise erreichen können, ohne treppab, treppauf zu steigen, während bei Form III b, ebenso, wie zweckmäßig bei Form I, das Empfangsgebäude so viel niedriger oder höher steht als die Bahnsteiggleisanlage, daß die Reifenden von der Eintrittshalle und den Wartesälen ohne Treppensteigung in den Bahnsteigtunnel oder auf die Bahnsteigbrücke gelangen.

Die Formen II und III wurden vielfach unter dem Gesamtnamen »Inselform« zusammengefaßt, bei Trennungsbahnhöfen wohl auch als »Keilform« bezeichnet, zumal, wenn die Hauptgleise schon am Bahnsteig auseinander strebende Richtungen aufwiesen. Diese Formen waren früher sehr beliebt, wie denn die in Bd. 1 behandelten Beispiele ausschließlich diese Formen aufweisen. Es sind jedoch dagegen teils allgemein, teils im einzelnen nicht unerhebliche verkehrstechnische und betriebliche Einwendungen zu machen.

a) Dem für die Formen II und III a angeführten Vorteil, daß man die an dem Hauptbahnsteig haltenden Züge von den Wartesälen aus ohne Treppensteigen erreichen kann, steht bei allen [62] Bahnhöfen mit mehr als zwei durchlaufenden Bahnsteiggleisen der Nachteil gegenüber, daß man zu den nicht am Hauptbahnsteig entlangstreichenden Bahnsteiggleisen von den Wartesälen nur mittels Treppab-treppaufsteigens gelangen kann, bei Form II also sogar drei Treppensteigungen überwinden muß, indem die Reifenden auch schon zum Wartesaal eine Treppensteigung zurückzulegen haben. Man hat zwar früher geglaubt, solches Treppab-treppaufsteigen dadurch vermeiden zu können, daß man im Widerspruch zu obiger Forderung a) Gleisüberschreitungen zuließ. Wenn aber schon auf kleinen und mittleren Stationen vielfach die Herstellung schienenfreier Bahnsteigzugänge erforderlich geworden ist, so gilt dies erst recht von großen Bahnhöfen. Auf den Bahnhöfen Düsseldorf (Form II) und Duisburg (Form III a) hat man nachträglich mittels kostspieliger Umbauten die Gleisüberschreitungen beseitigt und dadurch jenen unzuträglichen Zustand des doppelten Treppensteigens herbeigeführt. Bei der Form III b ist zwar, wie bei der Form I (vgl. unten), der Uebelstand des mehrfachen Treppensteigens nicht vorhanden; sie hat gegenüber dieser den Vorteil kürzerer Wege von der Eintrittshalle und den Wartesälen zu den Bahnsteigen, dafür aber schlechtere Uebersichtlichkeit, weitere Wege beim Umsteigen und umständlichere Bewegung des Gepäcks umsteigender Reifenden.

b) Außer den verkehrstechnischen Mängeln weisen die Formen II und III erhebliche betriebliche Mängel auf. Durch die Zwischenschaltung des Mittelgebäudes, sei es auf einem Hauptbahnsteig oder sei es nach Art der Form III b, wird die ganze Bahnhofanlage in zwei Teile auseinandergerissen, zwischen denen die erforderlichen Gleisverbindungen für Zugübergänge in Störungsfällen und für Verschubbewegungen sich nur schwierig und mit Beding weiter Verschubwege schaffen lassen. Die Durchführung von Durchlaufgleisen in der Mitte (s. unten) ist ausgeschlossen. Die in den Hauptbahnsteig eingeschnittenen Kopfgleise haben alle Nachteile der Kopfbahnhöfe und sind hier unter Umständen mit den am anderen Bahnhofsende befindlichen Abstellanlagen nur in ungünstige Verbindung zu bringen. Im übrigen stört das Mittelgebäude die für den Betrieb wichtige Uebersicht.

So kann man die Formen II und III als überholt ansehen. Deshalb soll hier nicht weiter auf sie eingegangen werden.

Bei der Form I (Fig. 5) liegt das ganze Empfangsgebäude an einer Seite der Bahnsteiganlage und in der Regel davor der Bahnhofsvorplatz, bisweilen aber (so in Essen, Hagen, Darmstadt) letzterer am Bahnkörper vor der Stirnseite des Empfangsgebäudes. Von der Eintrittshalle gelangt der Reifende, nachdem er die Fahrkarte gelöst und zutreffendenfalls sein Gepäck aufgeliefert hat, durch einen Personentunnel oder über eine Personenbrücke, also unter Vermeidung von Gleisüberschreitungen (s. oben Forderung a) zu den Treppen, die quer zur Richtung von Tunnel oder Brücke zu den einzelnen Bahnsteigen hinausführen oder hinabführen. Dieser Anordnung, die wohl zuerst auf dem Bahnhofe Hannover in größerem Umfange ausgeführt worden ist, hat man anfänglich den Vorwurf gemacht, die Wege zu den Zügen seien unübersichtlich und die Wartesäle lägen weit von den Bahnsteigen ab (Forderung b). Gegen die neueren Ausführungen läßt sich der Vorwurf der Unübersichtlichkeit nicht aufrechterhalten, und die entfernte Lage der Wartesäle ist im Hinblick auf die in den schnellfahrenden Zügen mitgeführten Speisewagen sowie die im übrigen durch Erfrischungsbuden auf den Bahnsteigen gebotene Versorgungsmöglichkeit von geringer Bedeutung.

Die vollkommenste Trennung (Forderung c) der Wege von zu- und abgehenden Reifenden und von Reifenden und Gepäck erhält man auf einem Bahnhof der Form I bei Vorhandensein von Gepäckbahnsteigen und bei Anordnung je eines besonderen Zugangs- und Ausgangspersonentunnels sowie eines Gepäcktunnels, etwa nach Fig. 10. Wie die eingezeichneten Pfeile andeuten, sind nicht nur die Wege der zu- und abgehenden Reifenden voneinander und von den Wegen des Gepäcks getrennt; auch die Wege der zugehenden Reifenden, mögen sie von den Fahrkartenschaltern unmittelbar oder über die Gepäckannahme hinweg sich nach den Bahnsteigen begeben oder auch inzwischen noch die Wartesäle aufsuchen, kreuzen sich nur in vereinzelten Fällen. Das aufzuliefernde Gepäck gelangt durch besondere Eingänge vom Vorplatz zur Gepäckannahme, und ebenso kann das angekommene Gepäck von der Gepäckausgabestelle, an der der Weg der abgehenden Reifenden entlangführt, auf besonderem Wege auf den Vorplatz hinausbefördert werden. Besonders bequem kann das nicht abgenommene Gepäck bei demnächstiger Weiterreise neu aufgegeben werden, weil Gepäckannahmestelle und Gepäckausgabestelle zusammenhängen. Angekommene Reifende, die sogleich weiterfahren wollen, gelangen durch den Vorraum der Gepäckabfertigung zur Eintrittshalle.[63]

Ungeachtet solcher Vorzüge ist diese Anordnung, die nach ihrer anscheinend ersten Anwendung in Straßburg wiederholt benutzt worden ist, beim Bau einer Reihe neuerer Bahnhöfe verlassen worden. Diese weisen statt dessen einen entsprechend breiteren Tunnel oder eine breitere Brücke auf, für Zu- und Abgang gemeinsam dienend. Die neuere Anordnung kann man sich aus der in Fig. 10 dargestellten, abgesehen von verschiedenen Möglichkeiten der Einzeldurchbildung, so entstanden denken, daß der besondere Ausgangstunnel (die Ausgangsbrücke) sowie die Ausgangshalle fortgelassen werden. Die Gründe für diese neuere Entwicklung liegen wohl am wenigsten auf dem Gebiete der Sparsamkeit hinsichtlich der Anlagekosten, eher schon auf demjenigen der Erleichterung und Verbilligung der Bahnsteigsperre (s. oben Forderung e). Damit hängt es aber zusammen, daß bei nur einem Weg für Zu- und Abgang die ganze Bahnhofsanlage an Einfachheit, Klarheit und Uebersichtlichkeit gewinnt (Forderung b). Ein besonderer Ausgangsweg wird auch erfahrungsmäßig nur dann als solcher benutzt, wenn er für die ankommenden Reifenden kürzer oder bequemer ist als der Zugangsweg. Wenn hiernach die neuere Entwicklung für die Mehrzahl der Fälle gerechtfertigt erscheint, so wird man doch auf Bahnhöfen mit besonders starkem Verkehr zweckmäßig auf eine Verkehrsteilung Bedacht nehmen, die aber nur dann (s. oben) Erfolg haben kann, wenn dabei beachtet ist, daß der Verkehr stets den Weg geringsten Widerstandes aufsucht.

Die Form IV wird in der Regel nur da in Frage kommen, wo es an genügendem Platz für ein neben die Bahnsteiggleisanlage zu stellendes Empfangsgebäude fehlt. Bei Hochlage der Bahn ist es schwierig, wenn auch nicht unmöglich, zwischen den Pfeilern des Unterbaues die Eintrittshalle, die Abfertigungs- und Warteräume in ausreichender Größe und übersichtlich unterzubringen. Für den Fall tiefliegender Bahn, also bei Brückenlage des Empfangsgebäudes, bilden die beiden Bahnhöfe Hamburg Hauptbahnhof und Kopenhagen hervorragende Beispiele. Hamburg entspricht etwa der Skizze Fig. 9, mit Zugang von der einen, Ausgang nach der anderen Parallelstraße. In Kopenhagen ist auch der Bahnhofsvorplatz brückenmäßig über die Gleise gelegt, so daß die ganze Anlage noch mehr als die Hamburger derjenigen eines Kopfbahnhofes ähnelt. Die Anordnung IV mit Brückenlage des Empfangsgebäudes gestattet es, gute Uebersichtlichkeit mit verhältnismäßig kurzen Wegen für die Reifenden zu verbinden. Betrieblich leidet sie aber an erheblicher Unübersichtlichkeit.

Es sind auch gemischte Anordnungen denkbar. So sind auf dem Bahnhof Lübeck Eintrittshalle und Abfertigungsräume nach Form I angeordnet, die Wartesäle nach Anordnung IV über die Gleise gelegt. Man kann auch die Form I (ebenso die Formen II und III) bei entsprechender Stadtlage durch Zu- und Ausgänge auf der Gegenseite des Hauptvorplatzes ergänzen, die namentlich für den Nahverkehr in Betracht kommen werden. Ferner ist eine Abänderung der Form I dahin denkbar, daß auf der einen Seite der Bahnsteiganlage ein Abfahrtgebäude, auf der anderen ein Ankunftgebäude, je mit Vorplatz, beide verbunden durch die die Bahnsteiganlage unterquerenden Tunnel bezw. überquerenden Brücken, angeordnet werden. Im ganzen kann man nach der neueren Entwicklung die Form I als Regelform betrachten, während die Form IV und die zuletzt erwähnten Mischformen nur bei Vorliegen besonderer örtlichen Verhältnisse angezeigt erscheinen.

Hinsichtlich der Durchbildung der Bahnsteiganlage ist allgemein zu betonen, daß man die vollständige Trennung der Wege des Gepäcks von denen der Reifenden erzielt, wenn man überall, abwechselnd mit den Personenbahnsteigen, Gepäckbahnsteige anordnet, in denen die Aufzüge von Gepäcktunnel oder Gepäckbrücke her einmünden. Eine auskömmliche Lösung (die bei beschränkter Geländebreite einer Vollanlage mit zu knappen Bahnsteigsbreiten oder zu wenigen Bahnsteigen vorzuziehen ist) erzielt man aber auch so, daß man unter Verzicht auf besondere Gepäckbahnsteige das Gepäck den Personenbahnsteigen (unter Vermeidung des Entlangkarrens auf ihnen) an ihren Enden zuführt, d.h. dort, wo die Gepäckwagen der Züge zu halten pflegen, und wo der Verkehr der Reifenden, sofern er überhaupt so weit reicht, nur noch schwach ist. Fig. 11 zeigt diese Anordnung für einen Bahnhof der Form I. Wesentlich ist es, daß an der Stelle a (Fig. 11) die Kreuzung der Wege von Reifenden und Gepäck durch Uebereinanderfortführung vermieden wird, bei hochliegender Bahnsteiganlage so, daß der Personentunnel in halber Höhe angeordnet ist, und der ebenerdig angeordnete Gepäcklängsweg nach dem linken Bahnsteigende unter ihm hinwegkreuzt (Dresden-Neustadt).

Die Trennung eines auf besonderen Gleisen sich abspielenden Nahverkehrs vom Fernverkehr (Forderung d) läßt sich bei Bahnhöfen der Form I ohne weiteres so erzielen, daß man den besonderen Inselbahnsteig für Nahverkehr, dessen Lage innerhalb der Gesamtbahnsteiggleisanlage hierfür gleichgültig ist, durch besonderen Tunnel mit einem besonderen Vorgebäude oder mit einem dem Nahverkehr dienenden Bauteil des allgemeinen Empfangsgebäudes verbindet.[64] Letzteres (Fig. 12) hat den Vorzug, daß der Uebergang der Reifenden zwischen Nahverkehr und Fernverkehr sich innerhalb desselben Gebäudes vollziehen kann. Auch bei der Form IV ist, wie aus Fig. 9 ersichtlich, die Trennung der Reifenden des Nahverkehrs von denen des Fernverkehrs, unter Wahrung bequemer Uebergangsmöglichkeit, gut ausführbar.

2. Führung der Hauptgleise. a) Trennungsstationen (Anschlußstationen). Die einfache Trennungsstation einer zweigleisigen Bahn, d.h. ihre Verzweigung in zwei solche Bahnen, erfordert bei Anordnung im Linienbetriebe, sofern man nicht die Abzweigung weit auf die Strecke hinaus verschiebt, was Nachteile hinsichtlich der Sicherungsanlagen und der Zugfolge bedingt, eine Trennungskreuzung (Fig. 13). Bei Richtungsbetrieb, einerlei, ob mit Schaltung der Hauptgleise nach Fig. 14 oder 15, lassen sich die Hauptgleise der beiden Zweiglinien in der Regel ohne Schwierigkeit kreuzungsfrei auseinanderführen, also sind Zugdurchläufe ohne Kreuzung anderer Zugwege möglich. Zugtrennungen und -vereinigungen, Umsetzen von Kurswagen sind beim Richtungsbetrieb in einfacherer Weise und mit weniger Störungen der sonstigen Betriebsvorgänge möglich, als beim Linienbetrieb. Hinsichtlich unmittelbarer Zugkehren ist der Linienbetrieb allerdings insofern im Vorteil, als auf jeder der beiden Zweigbahnen (Fig. 13) ein unmittelbares Kehren aus dem Einfahrgleis (oder auch nach Umsetzen in das richtige Ausfahrgleis) möglich ist, ohne daß ein anderes Hauptgleis gekreuzt wird. Bei der Anordnung nach Fig. 14 können nur die Züge von 0 unmittelbar kehren, ohne andere Hauptgleise zu kreuzen.

Bei der Anordnung nach Fig. 15 ist solch unmittelbares Kehren ohne Hauptgleiskreuzung überhaupt nicht möglich. Sofern indessen wendende Züge vor der Rückfahrt in den Abstellbahnhof überführt werden, so bedingen die Ueberführungsfahrten bei Linienbetrieb nach Fig. 13 sowohl für Lage des Abstellbahnhofs bei a (geeignet für endende Züge aus Richtung N), wie bei Lage bei b jedesmal in einer Richtung eine Hauptgleiskreuzung. Dagegen ist bei Richtungsbetrieb ein Abstellbahnhof bei c (Fig. 14) für Endbetrieb der Linie O ohne Hauptgleiskreuzung zu erreichen, ein Abstellbahnhof bei d (Fig. 14) und bei e (Fig. 15) mit allen vier Bahnsteiggleisen kreuzungsfrei verbindbar.

Bei Richtungsbetrieb wird man, einerlei, wie die Gleise geschaltet werden, jedesmal einen Inselbahnsteig zwischen zwei gleichgerichteten Hauptgleisen anordnen (Fig. 14 und 15). Dann vollzieht sich das Umsteigen solcher Reifenden, die ihre Richtung beibehalten, stets auf demselben Bahnsteig, d.h. ohne doppeltes Treppensteigen, wie solches bei Linienbetrieb (Fig. 13) stets erforderlich ist. Dies kommt vor, wenn aus der einen Zweigrichtung ein Zug endet oder nach ihr entspringt, sowie ferner, wenn auf dem. Bahnhof gleichzeitig zwei von den Zweigrichtungen kommende oder nach ihnen gehende Züge halten, von denen der eine Schnellzug, der andere Personenzug ist. Für Trennungsstationen ist hiernach der Richtungsbetrieb dem Linienbetrieb in der Regel vorzuziehen und ist auch bei einer Reihe neuerer Bahnhofsanlagen hierfür angewandt worden (Angermünde, Gmünd, Dresden-Neustadt, Langendreer). Gleisanlagen nach Fig. 14 und 15 können auch für Ueberholungen zwischen zwei von derselben Zweigstrecke kommenden oder nach derselben Zweigstrecke gehenden Zügen benutzt werden, wenn man an dem dem Zusammenlauf der beiden Bahnlinien entgegengesetzten Bahnsteigende noch einmal eine entsprechende Verbindung zwischen den beiden gleichgerichteten Hauptgleisen herstellt. Muffen indessen bei lebhaftem Betriebe zeitweise mehr als zwei Züge gleichzeitig an Bahnsteigkanten halten, z.B., wenn ein endender oder entspringender Zug der einen Zweigstrecke am Bahnsteig hält, während von der anderen Zweigstrecke her bezw. nach der anderen Zweigstrecke hin eine Zugüberholung stattfindet, so genügen die Anordnungen nach Fig. 14 und 15 nicht. Besonders zweckmäßig ist dann bei Vorhandensein ausreichender Länge nach Fig. 16 die z.B. auf Bahnhof Hagen (Westf.) getroffene Anordnung, wenn sie auch betrieblich wegen der schwierigeren Uebersicht über die Zugfahrten und wegen der Signalstellung nicht einwandfrei ist. Hier können sogar vier Züge derselben Richtung gleichzeitig an demselben Bahnsteige halten. Solche Anlage ist deshalb auch, wie ohne weiteres ersichtlich, anwendbar, um eine Verzweigung einer Stammlinie in drei Zweiglinien[65] zu vermitteln. Noch leistungsfähiger wegen der größeren Unabhängigkeit in der Benutzung der Bahnsteiggleise ist die für dieselben Zwecke anwendbare Lösung nach Fig. 17, die allerdings etwas größere Breite erfordert und den Nachteil hat, daß alle Züge Weichenkrümmungen durchfahren müssen, und daß Geh die Zugwege (wenn auch nur gleichgerichteter Züge) kreuzen. Ist eine mehrfache Trennungsstation derart anzulegen, daß zwischen je zweien von drei nach einem Ort führenden Bahnlinien Zugdurchläufe ohne Spitzkehre möglich sein sollen, so ergibt sich (allerdings mit weitem Umwege für zwei Zugeinläufe) eine Lösung nach Fig. 18, wie solche für den Bahnhof Zürich in Vorschlag gebracht worden ist.

b) Kreuzungsstationen. Wo die Kreuzungsstation zweier zweigleisigen Bahnen schienengleiche Kreuzung der beiderseitigen Hauptgleise aufweist, läßt sich oft ohne großen Umbau durch Anordnung der Bahnsteiggleise im Richtungsbetrieb (nach Fig. 19) wenigstens die Kreuzung zweier Einfahrten vermeiden. Bei Neuanlagen oder größeren Umbauten hat man indessen in Deutschland mehr und mehr angestrebt, Kreuzungen von Personenhauptgleisen von Hauptbahnen nicht in Schienenhöhe, sondern mittels Gleisüberwerfung herzustellen. Tut man dies, so ergeben sich für die Kreuzungsstation zweier zweigleisigen Bahnen, je nachdem man Linienbetrieb, Richtungsbetrieb mit symmetrischer Schaltung der Hauptgleise oder Richtungsbetrieb mit abwechselnder Schaltung der Hauptgleise anwendet, unter der Voraussetzung, daß keine Personenzugüberholungsgleise vorhanden sind, die Lösungen nach Fig. 20 bis 22. Das Empfangsgebäude ist dabei, wie schon bei der Behandlung der Trennungsstationen, gemäß obigen Ausführungen überall in Seitenlage (Form I) angeordnet. – Statt der in diesen Figuren getroffenen Bahnsteiganordnung mit zwei Inselbahnsteigen ist bei vier Bahnsteiggleisen auch die nach Fig. 23 möglich. Erstere Anordnung ermöglicht es, in der Mitte ein Durchlaufgleis durchzuführen, bietet ferner bei Richtungsbetrieb (Fig. 21 und 22) den Vorteil, daß die zweckmäßig bei der Ausfahrt auf die andere Bahn übergehenden Züge2 gleichwohl an demselben Bahnsteig halten, wie die auf der anderen Bahn ankommenden und weiterlaufenden Züge. Diesem bei Richtungsbetrieb ausschlaggebenden Gesichtspunkt gefeilt sich oft der andere, daß der Umsteigeverkehr ohne Wechsel der Fahrrichtung über die zwischen den gleichgerichteten Gleisen liegenden Inselbahnsteige ohne Bahnsteigwechsel sich vollzieht. Die vier Zugübergänge ohne Richtungswechsel (vgl. Fig. 2022) bedingen bei Linienbetrieb stets die Ueberkreuzung einer Einfahrrichtung, bei Richtungsbetrieb (ohne Unterschied der Hauptgleisschaltung) keine Hauptgleiskreuzung. Von den vier Zugübergängen mit Richtungswechsel bedingen bei Linienbetrieb zwei keine Hauptgleiskreuzung, zwei dagegen die Kreuzung je zweier Hauptgleise. Bei Richtungsbetrieb[66] nach Fig. 21 ergibt der Uebergang mit Richtungswechsel in zwei Fällen die Kreuzung eines Einfahrgleises, in den beiden anderen die Kreuzung eines Ausfahrgleises. Bei Richtungsbetrieb nach Fig. 22 dagegen ergibt der Uebergang mit Richtungswechsel in zwei Fällen keine Hauptgleiskreuzung, in zwei Fällen die Kreuzung eines Einfahrgleises und eines Ausfahrgleises. In weitergehendem Maße kann man, bei besonderem Bedürfnis, Hauptgleiskreuzungen durch besondere Streckengleisanschlüsse vermeiden. In dieser Beziehung ist für Uebergänge mit Richtungswechsel der Linienbetrieb und der Richtungsbetrieb mit abwechselnd geschalteten Hauptgleisen dem Richtungsbetrieb mit symmetrisch geschalteten Hauptgleisen überlegen. Denn da für jeden der beiden Eckverkehre der eine Uebergang ohne Hauptgleiskreuzung erfolgt, so genügt es, für den anderen (wie in Fig. 20 und 22 gestrichelt angedeutet) einen Streckengleisanschluß herzustellen, um für diesen ganzen Eckverkehr die Zugübergänge kreuzungsfrei zu gestalten.

Hinsichtlich unmittelbarer Zugkehren sowie hinsichtlich des Betriebes in Störungsfällen ist der Linienbetrieb dem Richtungsbetrieb überlegen. Besonders ungünstig ist in dieser Beziehung die Anordnung nach Fig. 22, weil bei ihr die beiden Hauptgleise jeder der beiden Bahnen jedesmal durch ein Hauptgleis der anderen Bahn getrennt sind.

Zweckmäßige Lagen des Abstellbahnhofs sind in Fig. 2022 angedeutet. Nur nach Fig. 21 ist bei d ein nahgelegener Abstellbahnhof mit gutem Gleisanschluß und dies nur für die eine Bahn möglich. Von den übrigen Lagen bedingt für die bei e nach Fig. 20 das Ueberführen von Zügen Kreuzung von je einem Ausfahrgleis. Von den Lagen a, b, c für die Fälle des Richtungsbetriebes hat a (Fig. 22) den Vorzug besserer Erweiterungsfähigkeit.

Der Richtungsbetrieb bedingt eine verwickeltere Gleisanordnung und erfordert an beiden Enden des Bahnhofs Gleisüberwerfungen, die je nach den Neigungsverhältnissen der Bahnstrecken schwierig oder unmöglich sein können. Man wird den Richtungsbetrieb, sofern er mit vertretbaren Kosten ausführbar ist, für Kreuzungsbahnhöfe nur dann vorzuziehen haben, wenn zahlreiche Zugübergänge ohne Richtungswechsel zwischen den Bahnen vorkommen.3 Wo außerdem in einer Verkehrsbeziehung Zugübergänge mit Richtungswechsel vorkommen, kann von den beiden Anordnungen des Richtungsbetriebes die nach Fig. 22 den Vorzug verdienen.

Dagegen wird man auf Kreuzungsbahnhöfen etwa erforderliche Personenzugüberholungsgleise stets nach dem Richtungsbetrieb anzulegen haben, entweder nach Fig. 3 oder bei knapper Breite und verfügbarer großer Länge auch nach einer der Fig. 16 und 17. Die Rücksicht auf Zugüberholungen kann übrigens auch für Wahl des Richtungsbetriebes sprechen, wenn es so möglich wird, durch Vorsehen der gegenseitigen Vertretungsweisen Benutzung der Bahnsteiggleise auf die Anlage von Personenzugüberholungsgleisen ganz oder teilweise zu verzichten.

3. Lage und Anschluß besonderer Bahnhofsteile. Die Abstellanlagen größerer Bahnhöfe sollen weder zwischen den Hauptgleisen gruppenweise zersplittert, noch in ungünstiger Raumbeschränkung angeordnet werden, und sollen so mit den Bahnsteiggleisen verbunden sein, daß das Einsetzen und Wegstellen von Zügen und Zugteilen die Zugfahrten möglichst wenig behindert. Auch neuere Bahnhöfe, wie Darmstadt und Karlsruhe, sind in dieser Beziehung nicht einwandfrei gelöst. Einem unzulänglichen und mit vielen Hauptgleiskreuzungen angeschlossenen Abstellbahnhof in unmittelbarer Nähe des Personenbahnhofs ist ein auskömmlicher, erweiterungsfähiger und möglichst kreuzungsfrei (mittels Gleisüberwerfungen) angeschlossener in größerer Entfernung vorzuziehen, wobei außer kurzen Stumpfgleisen dann Wartegleise für ganze Züge nahe den Bahnsteiggleisen erforderlich werden. Die vorstehend behandelten Skizzen deuten solche Lösungen an. Wesentlich ist auch die Anordnung eines oder mehrerer Durchlaufgleise zwischen den Bahnsteiggleisen (unter Teilung der Gepäckbahnsteige), die es gestatten, ohne Belastung der Bahnsteiggleise Bewegungen vom Abstellbahnhof nach dem entgegengesetzten Ende der Bahnsteiganlage sowie zwischen den beiden Enden der Bahnsteiganlage auszuführen, für Lokomotivwechsel, Ein- und Aussetzen von Eilgut- und Verstärkungswagen, Kurswagen u.s.w. – Hilfs- oder Notverbindungen für Zugkehren und Störungsbetrieb sind in großen Bahnhöfen beinahe noch notwendiger als in kleinen und mittleren Bahnhöfen (s. oben).

Die Anlagen für den Güterzugbetrieb und den Ortsgüterverkehr sucht man vom Personenbahnhof zu trennen. Am günstigsten liegt der Verschiebebahnhof oder der Bahnhof zum Austausch von Güterwagen zwischen Güterzügen der verschiedenen Bahnlinien (Güteraustauschbahnhof) gleichlaufend zum Personenbahnhof auf der der Stadt abgewandten Seite, zugänglich durch Hauptgütergleise, die überall von den Strecken vor deren Einlauf in den Personenbahnhof (tunlich kreuzungsfrei) abzweigen. Der Ortsgüterbahnhof wird meist gleichfalls auf die der Stadt abgewandte Seite gelegt und an den Verschiebebahnhof angeschlossen.

Ist auf der Gegenseite kein Platz (Berg, Wasserfläche, Bebauung), so kommt in Frage, den Verschiebebahnhof (Güteraustauschbahnhof) in der Längsrichtung gegen den Personenbahnhof zu verschieben. Er liegt dann entweder auch auf der Gegenseite des ganzen Gleisgebildes der Personenverkehrsanlagen oder, bei Kreuzungsstationen und Trennungsstationen, in einem Zwickel zwischen zwei zum Personenbahnhof führenden Bahnen. Die aus dieser Richtung zum Verschiebebahnhof laufenden Hauptgütergleise müssen dann entsprechend weiter draußen abgezweigt und ohne Kreuzung mit anderen Hauptgleisen geführt werden. In entgegengesetzter Richtung müssen die Hauptgütergleise den Personenbahnhof umlaufen (Güterumlaufgleise), sei es auf der Gegenseite oder auch (weniger gut) auf der Ortsseite unmittelbar neben den Bahnsteiggleisen oder aber in besonderer Linienführung auf der Gegenseite. Die Hauptgütergleise inmitten der Bahnsteiggleise durch den Personenbahnhof hindurchzuführen, wie bisweilen geschehen, ist fehlerhaft, weil so Zugübergänge, Lokomotivwechsel, Umsetzen von Zugteilen u.s.w. behindert werden.[67]

Die Eilgutanlage wird entweder mit dem Abstellbahnhof verbunden oder auf der Gegenseite oder der. Ortsseite des Personenbahnhofs angeordnet. Im ersteren Falle können die Eilgutwagen ohne weiteres entspringenden Personenzügen auf dem Abstellbahnhof beigefügt, ebenso endenden entnommen werden. Im letzteren Falle erfordert die Zustellung bei entspringenden oder durchlaufenden Zügen meist keine weiten Verschiebefahrten, aber häufig lästige Kreuzungen von Bahnsteiggleisen. Bei Lage am Personenbahnhof wird in der Regel Gelegenheit geschaffen, um durch einen Eilguttunnel oder Mitbenutzung eines Gepäcktunnels Eilgutsendungen den Packwagen der Personenzüge zuzuführen. Wo Eilgüterzüge verkehren, gelangen sie entweder nach dem Abstellbahnhof durch dessen Gleisverbindung mit dem Verschiebebahnhof, oder die Eilgutanlage wird, was bei Lage am Personenbahnhof oft ratsam ist, an durchlaufende Hauptgütergleise (s. oben) angegliedert. Für zweckmäßige Platzwahl der Postanlage bestehen ähnliche Bedingungen wie für die Eilgutanlage. Besonders wichtig ist, daß alle Bestandteile eines großen Bahnhofs solche gegenseitige Lage besitzen, daß sie je für sich erweiterungsfähig sind und daß sie durch Dienstgleise, möglichst ohne Kreuzung von Hauptgleisen, gut miteinander verbunden sind.

C. Größere Personenbahnhöfe in Kopfform.

1. Gesamtanordnung der Bahnsteiggleise, Bahnsteige und Empfangsgebäude. Die n Deutschland ursprünglich übliche Ausbildung der Kopfbahnhöfe mit einer Abfahrtseite und einer Ankunftseite, d.h. mit nur einem Abfahrtgleis und einem Ankunftgleis an je einem Außenbahnsteig, und zwischen Ankunftgleis und Abfahrtgleis in der Regel ein Lokomotivrücklaufgleis und ein oder mehrere Abstellgleise für ganze Züge oder Bereitschaftswagen, genügte bei gewachsenem Verkehr nicht mehr. Denn, gewissermaßen entstanden aus einem Durchgangsbahnhof mit Außenbahnsteigen (englische Anordnung), von dem man das eine Ende fortgeschnitten hatte, bedingte solcher Bahnhof doch wegen des Endens und Entspringens der Züge und des für diese erforderlichen längeren Haltens sowie des Ein- und Aussetzens entgegen gesetzt der Fahrrichtung eine erheblich größere Inanspruchnahme der Bahnsteiggleise. Die Hinzufügung eines mittleren Zungenbahnsteigs (so auf dem Potsdamer Bahnhof in Berlin) gewährte nur eine unvollkommene Verbesserung, einmal, weil hierdurch doch nur zwei Bahnsteigkanten hinzutraten, dann, weil namentlich für die Abfahrt von solchem Zungenbahnsteig für die Reifenden ein weiter Umweg von der im Abfahrtseitengebäude gelegenen Fahrkartenausgabe nebst Gepäckannahme sich ergab. Neuere Kopfbahnhöfe wurden deshalb mit mehreren Zungenbahnsteigen ausgestattet, für alle Bahnsteige aber, um den Reifenden Umwege zu ersparen, der Zugang vom Kopfende her angeordnet, über einen breiten End- oder Querbahnsteig hinweg, in dem die sämtlichen Bahnsteige ihre Wurzel haben (Kammform). Die hierbei anfänglich beibehaltenen beiden Außenbahnsteige (Anhalter Bahnhof in Berlin) konnten nun als nicht mehr begründet fortgelassen werden. Die neuesten Kopfbahnhöfe weisen nur noch eine Anzahl Zungenbahnsteige für den Personenverkehr und mit diesen abwechselnd zwischen den Bahnsteiggleisen zweiseitige, außerdem an den beiden Außenseiten einseitige Gepäckbahnsteige auf.

Wenn in solchem Bahnhof sämtliche Züge enden und entspringen, ist es zweckmäßig, die Bahnsteiggleise nach dem Grundsätze der Rechtsfahrt in je einer Gruppe für Ankunft und für Abfahrt zu bestimmen, weil so nicht nur Fahrtkreuzungen ein- und ausfahrender Züge vermieden werden, sondern auch innerhalb des Bahnhofs Gegenströmungen der Abreisenden und Ankommenden sich vermeiden oder wenigstens einschränken lassen. Auch ist der Gleisbedarf wegen gemeinsamer Benutzung je einer Gleisgruppe für Abfahrt und Ankunft geringer. Die mittleren Gleise werden zweckmäßig so angeschlossen, daß sie vertretungsweise für Abfahrt und Ankunft, im Bedarfsfalle auch für unmittelbares Kehren, benutzt werden können. Werden in solchen Bahnhof zwei oder mehrere endende Bahnlinien eingeführt, so bedingt die Scheidung der Fahrrichtungen, daß die Hauptgleise der Bahnen vor dem Einlauf in den Bahnhof durch Gleisüberwerfungen nach dem Richtungsbetrieb geordnet werden (s. unten). Fahrkartenausgabe und Gepäckannahme werden zweckmäßig im Kopfgebäude angeordnet, in dessen Front der Zugang für die Reifenden sich befindet. Der Ausgang geschieht am besten in Fortsetzung des Kopfbahnsteigs nach derjenigen Seite, an der die der Ankunft dienenden Zungenbahnsteige liegen. Fig. 24 zeigt, wie so durch geeignete Lage des Zugangs und Ausgangs nebst Gepäckausgabe, der Wartesäle u.s.w. Gegenströmungen[68] vorgebeugt werden kann. Voraussetzung ist allerdings, daß die Lage des Bahnhofs zu den umgebenden Straßen und Stadtteilen solche Anordnung ermöglicht und ratsam erscheinen läßt. Die oben aufgestellten Forderungen a bis c werden so sämtlich erfüllt, diejenige bezüglich Trennung der Wege von Reifenden und Gepäck nur dann, wenn das Gepäck nicht, wie vielfach geschieht, den Kopfbahnsteig überquert, sondern den Gepäckbahnsteigen durch Tunnel und Aufzüge zugeführt wird, d.h., wenn der Bahnhof nicht ebenerdig angelegt wird, sondern Hochlage erhält. Der auf besonderen Streckengleisen sich abspielende Nahverkehr (Forderung d) wird nach englisches Vorbildern (s. Bd. 1, S. 485) an eine Seite oder an beide Seiten gelegt, sei es in besonderem Nahbahnhof, sei es in derselben Bahnsteighalle mit dem Fernverkehr, aber zweckmäßig mit getrennten Zugängen, wie in Fig. 24 angedeutet. Die Bahnsteigsperre (Forderung e) wird zweckmäßig nicht an die Wurzeln der Zungenbahnsteige, sondern behufs Vereinfachung und Ersparnis an Polten in den Kopfbahnsteig gelegt, wobei es auch möglich wird, wie bei großen Bahnhöfen ratsam, die Wartesäle in die Sperre einzubeziehen (Fig. 24).

Finden zwischen zwei oder mehreren in einen Kopfbahnhof einlaufenden Bahnstrecken Zugübergänge statt, d.h. ist der Bahnhof ein Zwischenbahnhof in Kopfform, so ist eine Gruppeneinteilung der Bahnsteiggleise und der Bahnsteige nach dem Grundsatz des Richtungsbetriebs nicht möglich. Gegenströmungen lassen sich nicht vermeiden, sondern nur durch reichliche Bemessung der Bahnsteigbreiten weniger schädlich machen. Um sie wenigstens auf die Zungenbahnsteige zu beschränken, hat man empfohlen, an den Wurzeln der einzelnen Zungenbahnsteige besondere Abgangstreppen anzuordnen, die zu einem Quertunnel hinabsteigen, der die Reifenden zur Gepäckausgabe und einem an der einen Seite des Kopfgebäudes angeordneten Ankunftvorplatz hinausführt.

2. Führung der Hauptgleise. a) Für Endbahnhöfe in Kopfform. Bei nur einer zweigleisigen Bahn verzweigt sich jedes der beiden Hauptgleise in die erforderliche Anzahl von Bahnsteiggleisen für Abfahrt und Ankunft. Mindestens die mittleren Bahnsteiggleise erhalten zweckmäßig Anschluß an beide Streckengleise und können vertretungsweise für Abfahrt und Ankunft, auch zum unmittelbaren Kehren von Zügen benutzt werden (s. oben). Der Abstellbahnhof liegt am besten möglichst nahe der Bahnsteiganlage zwischen den beiden Streckengleisen; sofern dies nicht möglich ist, außerhalb, behufs möglichst geringer Behinderung und Gefährdung von Zugfahrten durch Ueberführungsfahrten besser auf der Abfahrtseite als auf der Ankunftseite.

Bei Einführung zweier zweigleisigen Bahnen die beiden Einfahrgleise nach bewirkter Ordnung zum Richtungsbetrieb in ein Gleis zu vereinigen, wie stellenweise geschehen, ist nicht ratsam, weil dadurch, abgesehen von der erhöhten Betriebsgefahr, die Leistungsfähigkeit leidet. Für die beiden Ausfahrgleise ist die Vereinigung, sofern die Dichtigkeit des Fahrplans dies gestattet, unbedenklich. Die Fig. 25, 26 zeigen die beiden möglichen Gleisschaltungen mit getrennter Durchführung der Streckengleise bis zu ihrer Spaltung in die ihnen entsprechenden Bahnsteiggleise, hier je zwei angenommen, aber mit Gleisverbindungen zur vertretungsweisen Benutzung. Ein Abstellbahnhof bei a (in der Mitte) ergibt Kreuzungen der Verschiebefahrten nach und von den äußeren Bahnsteiggleisen mit den inneren Hauptgleisen. Bei b und c liegt der Abstellbahnhof in größerer Entfernung von der Bahnsteiganlage, kann aber mit jeder Bahnsteiggleisgruppe kreuzungsfrei verbunden werden, wobei die Fig. 25 und 26 zeigen, wie man bei zwei oder mehr Gleisen einer Gruppe durch doppelte Weichenverbindungen die gegenseitige Behinderung von Zug- und Verschiebefahrten möglichst ausschließt.

b) Für Kopfbahnhöfe mit übergehenden Zugläufen. Der Fall, daß zwei Bahnlinien mit übergehenden Zügen in einen Kopfbahnhof einlaufen (Zwischenstation einer zweigleisigen Bahn in Kopfform) ist in Bd. I, S. 486, behandelt. Laufen drei oder mehr Bahnen mit mehrfachen Uebergangsbeziehungen in einen Kopfbahnhof ein, so hat man sich bisweilen (Frankfurt a.M., Leipzig) damit begnügt, die Bahnlinien mittels Gleisüberwerfungen in solcher Ordnung einzuführen, daß je zwei Bahnen, zwischen denen Züge durchlaufen, nebeneinander liegen. In der einen Uebergangsrichtung geschieht dann der Uebergang kreuzungsfrei, in der entgegengesetzten bedingt er die Kreuzung eines Einfahrgleises und eines Ausfahrgleises (Fig. 27). Die Einrichtung versagt übrigens, sobald eine Bahn mit mehr als zwei der anderen eingeführten in Uebergangsbeziehung steht.

Zweckmäßiger ist es, wie neuerdings in Kassel, Wiesbaden geschehen und in Stuttgart in Ausführung begriffen, nach demselben Grundsatz, der der Anordnung Bd. 1, S. 486 zugrunde liegt, die einzelnen Streckengleise durch Gleisüberwerfungen so zu ordnen, daß jedesmal das Streckeneinfahrgleis und das Streckenausfahrgleis, zwischen denen Züge übergehen sollen, nebeneinander einlaufen. Fig. 28 zeigt diese Anordnung für drei zweigleisige Bahnen, von denen eine (O) mit den beiden anderen (M, N) in Uebergangsverkehr steht. Sollen auch Züge[69] zwischen M und N durchlaufen, so kommt man mit dieser Anordnung nicht aus, ebenso nicht, wenn mehr als drei Bahnlinien mit gegenseitigem Zugübergang in einen Kopfbahnhof einzuführen sind. Die Anordnung nach Fig. 28 bildet aber dann das Gleiselement, durch dessen wiederholte Anordnung alle Uebergangsbeziehungen herbeizuführen sind, wobei es unter Umständen erforderlich wird, einzelne Streckengleise draußen zu spalten, um sie in mehr als eines der Gleiselemente, die das Gesamtgleissystem des Bahnhofs bilden, einführen zu können.

3. Lage und Anschluß besonderer Bahnhofsteile. Geeignete Lagen des Abstellbahnhofes für Endbahnhöfe sind oben erörtert. Für Kopfbahnhöfe mit übergehenden Zugläufen wird die Wahl einer guten Lage des Abstellbahnhofes um so schwieriger, je größer die Zahl der eingeführten Bahnen ist, und je verwickelter ihre Verbindungen sind. Nicht zweckmäßig ist es, statt eines einheitlichen Abstellbahnhofes getrennte Abstellanlagen für die einzelnen Bahnlinien zwischen den Hauptgleisen vorzusehen. Wie bei Durchgangsbahnhöfen sind auch bei Kopfbahnhöfen zwischen den Hauptgleisen vor den Bahnsteigenden Abstellgleise und Wartegleise vorzusehen, letztere auch für ganze Züge, sofern der Abstellbahnhof weit entlegen ist. Bezüglich der Platzwahl für Eilgutanlage und Postanlage, sei es im Anschluß an den Abstellbahnhof, sei es in Nachbarschaft des Personenbahnhofs, gelten ähnliche Erwägungen wie bei Bahnhöfen in Durchgangsform. Der Verkehr der Güterzüge wird in der Regel weiter außerhalb aus den Personenhauptgleisen in einen Verschiebebahnhof abgezweigt. Laufen zwei oder mehrere Bahnen in einen Kopfbahnhof ein, so erhalten sie zweckmäßig einen gemeinsamen Verschiebebahnhof, dessen Streckenanschlüsse so eingerichtet werden, daß Güterzüge durch ihre Benutzung möglichst ohne Spitzkehre von Bahn zu Bahn übergehen können. Läuft nur eine Bahn in den Kopfbahnhof ein, so wird der Verschiebebahnhof in der Regel längs dieser Bahn liegen und an ihn wird, nach der Stadt zu vorgestreckt, aber gegen den Personenkopfbahnhof zurückbleibend, der Ortsgüterbahnhof sich anschließen. Bei zwei oder mehreren einlaufenden Bahnen wird, je nach der zwischen diesen oder an einer von diesen sich ergebenden Lage des Verschiebebahnhofs der Anschluß und die Lage des Ortsgüterbahnhofs sich verschieden ergeben. Auch hier ist das Erfordernis zu betonen, daß die einzelnen besonderen Bahnhofsbestandteile (Abstellbahnhof, Ortsgüterbahnhof, Verschiebebahnhof) eine auskömmliche Entwicklungsfähigkeit und eine derartige gegenseitige Lage erhalten, daß sie gut und möglichst ohne Kreuzung mit Hauptgleisen miteinander verbunden werden können.

Im Ausland sind größere Bahnhofsanlagen zum Teil ähnlich durchgebildet wie in Deutschland, so z.B. Bahnhof Kopenhagen. Die auf dem Internationalen Eisenbahnkongreß in Bern 1910 ([8] S. 1287) angenommenen Grundsätze beschränken sich teils auf ziemlich allgemeine Regeln (Trennung der Ortsgüterverkehrsanlagen und der Eilgutverkehrsanlagen von den Anlagen des Personenverkehrs, Anlage der Verschiebebahnhöfe auf freiem Felde u.s.w.) teils (das Einlegen durchgehender Weichenstraßen an den Bahnhofsenden, wodurch ermöglicht werden soll, einen Zug aus beliebiger Richtung auf ein beliebiges Gleis zu leiten, scheint allgemeinere Anwendung zu finden und ein ausgezeichnetes Mittel zur Vergrößerung der Leistungsfähigkeit zu sein) laufen sie auf eine bunte Benutzung der Bahnsteiggleise hinaus, die mit deutschen Anschauungen von Betriebshandhabung im Widerspruch steht. Zum Schluß sei noch hingewiesen auf zwei hervorragende, neuerdings entstandene Bahnhofsanlagen in Neuyork. Das Bahnhofssystem der Pennsylvania-Eisenbahn, bestehend aus, dem tiefliegenden Durchgangsbahnhof in Neuyork mit darüber errichtetem Empfangsgebäude, und den mit ihm durch Tunnel unter Hudson und East-River verbundenen Vorbahnhöfen Harrison und Sunnyside ([10] S. 328) und der Endbahnhof der Grand Zentral-Eisenbahn, gleichfalls mit darüber erbautem Empfangsgebäude, hier aber unter dem Empfangsgebäude zwei Bahnsteiganlagen übereinander, die untere dem Nahverkehr, die obere dem Fernverkehr dienend, bei beiden die äußersten Gleise durch Schleifen verbunden, während die mittleren Gleise stumpf endigen, also eine eigenartige Verbindung von Kopf- und Durchgangsform ([10] S. 337).


Literatur: [1] O. Blum, Kumbier, Bahnhofsanlagen, in Eisenbahntechnik d. Gegenw., II, 3, 2. Aufl., 1909. – [2] Cauer, Personen- und Güterverkehr der vereinigten preuß. u. hess. Staatsb., Berlin 1903. – [3] Ders., Abstellbahnhöfe, Wiesbaden 1910. – [4] Ders., Personenbahnhöfe, Berlin 1913. – [5] Goering, Zwischen- und Endstationen in Durchgangsform, 5. Teil, IV, 1, des Handb. d. Ing.-Wissenschaften, Leipzig 1907. – [6] Heinrich, Ueber Betriebsschwierigkeiten; Archiv für Eisenbahnw. 1919, S. 163 ff. – [7] Ders., Betriebspläne für größere Bahnhofsentwürfe, Zbl. d. Bauv. 1919, S. 330. – [8] Internationaler Eisenbahnkongreß, Bern 1910, Schlußfolgerungen (betr. Bahnhofsanlagen), Bulletin, deutsche Ausgabe 1911, S. 1287 ff. – [9] Oder und O. Blum, Abstellbahnhöfe, Berlin 1904. – [10] Oder, Große Personenbahnhöfe, Abstellbahnhöfe u.s.w., 5. Teil, IV, 2 des Handb. d. Ing.-Wissenschaften, Leipzig und Berlin 1914. – [11] Ders., Bahnhöfe in Rölls Enzykl. d. Eisenbahnw., 2. Aufl. – [12] Dr.-Ing. Schroeder, Versch. Aufsätze über Bahnhofsanlagen, Glasers Ann. 1911, Verkehrst. Woche 1915/18, Ztg. d. V.D. Eisenb.-Verw. 1918. – Außerdem Einzelveröffentlichungen über Bahnhöfe in den zuständigen Zeitschriften.

Cauer.

Fig. 1.
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Fig. 2.
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Fig. 3.
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Fig. 4.
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Fig. 5.
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Fig. 6.
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Fig. 7.
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Fig. 8.
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Fig. 9.
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Fig. 10.
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Fig. 11.
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Fig. 12.
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Fig. 13., Fig. 14.
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Fig. 15.
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Fig. 16.
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Fig. 17.
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Fig. 18.
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Fig. 19.
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Fig. 20.
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Fig. 21.
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Fig. 22., Fig. 23.
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Fig. 24.
Fig. 24.
Fig. 25.
Fig. 25.
Fig. 26.
Fig. 26.
Fig. 27.
Fig. 27.
Fig. 28.
Fig. 28.
1Die Fig. 5–8, 10–12, 19–23 und 28 sind entnommen aus Cauer, Personenbahnhöfe 1913, und Cauer, Personen- und Güterverkehr 1903, Berlin, Julius Springer.
2Wollte man die Züge bei der Einfahrt übergehen lassen, so würde es unmöglich sein, gleichzeitig einen übergehenden Zug und einen auf derselben Bahnlinie verbleibenden Zug einlaufen zu lassen. Anders, wenn Ueberholungsgleise vorhanden sind.
3Soweit bekannt, ist bisher nur Cöln (bei dem kürzlich stattgehabten Umbau) als Kreuzungsbahnhof im Richtungsbetrieb ausgeführt worden.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1920., S. 59-70.
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